Die erste offizielle Erwähnung Berlins stammt aus dem Jahre
1237, doch genau genommen wird nicht Berlin, sondern Cölln
genannt. Erst 1244 erscheint dann auch die Schwesterstadt
Berlin in den Urkunden, als Stadt wird sie aber erst 1251
erwähnt, wobei aus der Urkunde ersichtlich ist, dass Berlin das
Stadtrecht schon vorher besaß. Obwohl Berlin und Cölln erst
1709 wirklich zum Gemeinwesen Berlin vereinigt wurden, waren
beide Städte von Anfang an eng ineinander verzahnt. So hatten
sich beide Städte bereits 1307 zu einer Art Bundesstaat
zusammengeschlossen. Da Berlin an Fläche und Einwohnerzahl
etwa doppelt so groß war wie Cölln, setzte sich früh die
einheitliche Bezeichnung Berlin durch.
Die Doppelstadt lag im Kreuzungspunkt alter Fernverkehrsstraßen, so dass sie noch im 13. Jahrhundert
zum beherrschenden Platz für den Fernhandel werden konnte. Durch die markgräfliche Förderung
wurde Berlin schnell zur bedeutendsten märkischen Stadt. Schon 1280 fand sich hier fast der gesamte
märkische Adel zum ersten märkischen Landtag ein, was unter anderem auch eine ausreichende
Kapazität an Quartieren voraussetzte. Berliner Kaufleute betrieben einen lohnenden Fernhandel nach
Hamburg und weiter nach Russland, den Niederlanden und Flandern. Ausfuhrprodukt war vor allem
märkischer Roggen und Eichenholz. Berlins Kaufleute beherrschten den Fernhandel, so dass sich die
Stadt schnell von anderen, handwerklich orientierten Städten absetzte. Der Handel in Berlin blühte auch
mit Textilien, Gewürzen, Fisch, Bier und Wein. Gegenüber anderen Städten wurde Berlin durch die
Markgrafen noch durch das Privileg der »Niederlage« bevorzugt, wodurch fremde Händler gezwungen
wurden, ihre Waren in der Stadt anzubieten (oder eine entsprechende Gebühr zu entrichten). Die
Berliner erhielten so günstige Einkaufsmöglichkeiten.
Die Stadt Cölln umfasste das Gebiet der heutigen Spreeinsel ohne jenen Teil, den wir Museumsinsel
nennen, also zwischen Fischerinsel und Schlossplatz. Das Stadtgebiet endete im Norden etwa am ehe-
maligen Staatsratsgebäude, dort schloss sich das Klostergelände des Dominikanerordens an, der seit
1279 nachweisbar in Cölln angesiedelt war. Das Zentrum der Stadt, der Cöllner Markt mit der Stadt-
pfarrkirche St. Petri und dem Rathaus lag um den jetzigen Petriplatz und an der Scharrenstraße; mit
Bürgerhäusern bebaut seit dem Mittelalter war ferner das zwischen den beiden Spreearmen südwestliche
gelegene Areal, das den Namen Fischerinsel oder Fischerkiez trug.
Im Zusammenhang mit der ersten Umwehrung beider Städte, die 1319 erstmals in einer Urkunde
erwähnt wird, wurden mutmaßlich zwei alte Spreearme, im Süden und Westen als Cöllnischer
Stadtgraben und im Osten und Norden als Berliner Stadtgraben, ausgebaut und in das Wehrsystem
einbezogen. Erstmals ist 1285 von Berliner Mühlen die Rede. Erst am 28. Oktober 1298 wird der
Mühlendamm urkundlich erwähnt, als Berlin von Markgraf Otto IV. »mit dem Pfeil« ca. 1238-1308, den
bis dahin in Köpenick erhobenen Schiffszoll käuflich erwirbt. Die markgräflichen Landesherrn erkennen
sehr schnell die strategische Bedeutung des Mühlendamms und der Mühlen, so dass sie danach
trachten, ihn in ihren Besitz bringen und den »Mühlenhof« einrichten. Für Berlin und Cölln besteht
nunmehr Mahlzwang auf dem Mühlenhof.
Der obene erwähnte Damm besteht aus starken Baumstämmen, Steinen und geschichteten
Reisigbündeln; das Wasser staut sich auf und fließt durch die überbrückten Lücken ab. Dadurch wird der
der Schiffsverkehr auf dem Hauptarm der Spree unterbrochen – mit der Folge, dass die Schiffe der
Kaufleute auf dem Weg zwischen Schlesien und Hamburg ihre Waren hier umladen und infolge des von
den askanischen Markgrafen an Berlin als „Niederlage“ verliehenen Stapelrechts für einen Tag auf den
hiesigen Märkten anbieten müssen.
Dieser Maßnahme der Askanier, die den alten Fernhandelsweg von Magdeburg nach Posen, der auch
über Spandau und Köpenick führte, durch die Stadt zu leiten, verdankt die kleine Doppelstadt
Berlin/Cölln tatsächlich einen wesentlichen Teil ihres Aufstiegs von einem kleinen Brückenort zu einem
bedeutenden Spreeübergang. Zu dem sogenannten Niederlage- oder Stapelrecht kommen alsbald
Zollfreiheiten, die den Zwischenhandel und die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse begünstigen.
In Berlin wird die Stadtverwaltung, der Rat, erstmals von einem markgräflichen Beamten, dem Schulzen,
eingesetzt. Er bestimmt die Schöppen (Schöffen), mit denen er gemeinsam Recht spricht. Der Rat in
Berlin besteht aus 12 Mitgliedern, davon zwei Bürgermeistern. Der Rat wird alle zwei Jahre neu gewählt
und besteht überwiegend aus Patriziern. Die sich zunehmend in Zünften organisierenden, zahlenmäßig
überwiegenden Handwerker können ihren Anspruch auf Mitbestimmung erst im 14. Jahrhundert
durchsetzen
In Berlin und Cölln prägen also Spree und Havel maßgeblich das Werden und Wachsen. Die erste bedeu-
tende wirtschaftliche Nutzung beider Flüsse durch die Errichtung von Wassermühlen setzt vermutlich
um die Mitte des 13. Jahrhunderts ein. Seitdem sind Wasser- und Kanalbauten ständiger Bestandteil der
Berliner Stadtentwicklung, freilich mit wechselnder Intensität. Und alles beginnt am Mühlendamm an
der Spree, von dem später noch die Rede sein wird.
„Am Mühlendamm schlägt das Herz des mittelalterlichen Berlin“, schreibt ein Historiker des 19. Jahr-
hunderts – eine romantische Umschreibung der Tatsache, dass die Möglichkeit zur Spree-Überquerung
an dieser Stelle, die gezielte Unterbrechung des Flusslaufes, verbunden mit dem Bau von gleich drei
Wassermühlen die Stadt binnen weniger Jahrzehnte zum wichtigsten Fernhandelsplatz der Region
aufblühen läßt. Der Handel in Berlin blüht auch mit Textilien (eingeführt werden überwiegend
flandrische Stoffe, ausgeführt einheimische Produktion an Woll- und mehr noch Leinengewebe),
Gewürzen, Bier und Wein und Fisch. Die Stadt liegt im Kreuzungspunkt alter Fernverkehrsstraßen, so
dass sie noch im 13. Jahrhundert zum beherrschenden Platz für den Fernhandel wird. Der Mühlendamm
gehört allerdings zu jenen Relikten aus der Gründungszeit Berlins, von denen kein einziger Stein, kein
Holzbalken, kein verrosteter Nagel erhalten geblieben ist. Da gibt es nur noch den Ort, eine Besonderheit
der Topografie, an dem sich die Spree in drei (heute in zwei) Arme teilt und wo es wohl seit Urzeiten eine
Furt gab, die für Pferd und Wagen passierbar war. Der Aufstau durch den Damm in der Spree gibt die
Wasserkraft für die Mühlen und den Überfluss in die schützenden Stadtgräben. So muss die Schiffahrt
»bi den molendamm« umladen »von de Aversprew up de Nedersprew«.
Die Belebung des Handelsgeschehens in der noch jungen Stadt ist jedoch nur eine indirekte –
möglicherweise wohlkalkulierte – Folge des Mühlendamm-Baus. Der eigentliche Zweck des aufwendigen
Bauwerkes besteht, wie schon die mittelalterliche Bezeichnung „molendam tu Berlin“ unschwer
erkennen lässt, in der Errichtung von (Wasser-)Mühlen. Drei sind vermutlich schon in der Zeit der
Stadtgründung gebaut worden, denn im gut 15 Kilometer flussaufwärts gelegenen Köpenick vermerkt
man in der Stadtchronik bereits im Jahr 1240 Beeinträchtigungen durch den Rückstau der Spree,
verursacht durch die Wehranlage am Mühlendamm. Ein Spiegelbild der Stadtentwicklung ist die Zahl
der Brücken: existiert um 1250 nur eine, so sind es um 1450 schon 6, um 1709 bereits 24, 1871 zum
Zeitpunkt der deutschen Reichsgründung 96, um 1920 bereits 911 und Anfang der 1990er Jahre 1662
Spree- und Havelübergänge, wobei freilich die Zahl der Nicht-Wasser-Brücken besonders stark zunimmt.
Wassermühlen nutzen auf sehr effiziente Weise die Energie des fließenden Wassers zum Verrichten ganz
unterschiedlicher Arbeiten – zum Mahlen von Getreide, zum Walken von Filzen und Stoffen, zum Sägen
von Balken und Brettern, zum Antreiben eines Schmiedehammers oder eines Schleifsteins. Das Mühlrad,
das sich im vom Wehr herabstürzenden Wasser dreht, überträgt dabei seine geradezu unerschöpfliche
Kraft mit Hilfe eines ausgeklügelten Mechanismus auf die einzelnen Werkzeuge – für den Menschen des
Hochmittelalters eine enorme Erleichterung beim Verrichten der lebensnotwendigen Tätigkeiten. Die
ersten Mühlen auf dem Mühlendamm sind Getreidemühlen. Für die Cöllner und Berliner Bürger besteht
– wie oben erwähnt – hier ein von den Markgrafen verordneter »Mahlzwang«, das heißt, sie müssen ihr
Getreide in diesem »Mühlenhof« genannten Ensemble von drei Mühlen mahlen lassen und dürfen nicht
in eine der umliegenden Mühlen ausweichen. Wegen der günstigen Lage an der Spreegabelung, wo im
Laufe der Jahrzehnte durch Uferbefestigungen ein mehrerer Quadratkilometer großer Stausee entsteht
(unter anderem durch das Einrammen von fast 40.000 Eichenstämmen), wächst die Zahl der Mühlen
beständig. Der Höhepunkt des Mühlenbooms liegt dann in der Mitte des 18. Jahrhundert. Zur Zeit
Friedrichs des Großen, drehten sich hier am Mühlendamm 29 Wasserräder.
Geschichte (I)
Berlin und auch das gleichzeitig entstandene Cölln waren keine natürlich gewachsenen Städte,
sondern Gründerstädte der Zeit um 1200. Die alte These, Berlin wäre aus einem slawischen Fischerdorf
entstanden, läßt sich aufgrund archäologischer Untersuchungen nicht bestätigen. Vielmehr wurde Berlin
gezielt von den Askaniern gegründet. Als Basis zur Sicherung der politischen und wirtschaftlichen
Machtposition – besonders im Hinblick für einen Vorstoß hin zu Oder und Ostsee – hatten die
askanischen Markgrafen bis ins 13. Jahrhundert hinein Spandau ausgebaut. Ein weiterer wichtigerer
Stützpunkt für diese Expansionspolitik wäre die alte spreeslawische Metropole Köpenick gewesen, doch
die war im beginnenden 13. Jahrhundert schon in der Hand der Markgrafen von Meißen, einem der
Hauptrivalen der Askanier. Vermutlich gründeten die Askanier deswegen Berlin.
Ausschnitt der Stadtansicht
von Johann Bernhard Schulz, 1688