Breite Straße (III)
Der 3. Februar 1945
Am 3. Februar 1945, einem kalten Samstag, heben morgens um sieben Uhr von den US-Basen im
Südosten Englands rund tausend "Fliegende Festungen" ab, dazu 600 Jagdflugzeuge als Geleit-
schutz. Sie nehmen Kurs Richtung Magdeburg. Um 10.27 Uhr hat die Jägerleitstelle Berlin Vor-
alarm gegeben. Kurz darauf ist klar, dass der riesige Pulk von Flugzeugen tatsächlich die Reichs-
hauptstadt ansteuert. Der 288. Luftangriff auf Berlin erfolgt in zwei Wellen, die erste von 11:02 bis
11:18 Uhr durch die 1. Luftdivision mit Consolidated B-24 und eine zweite von 11:24 bis 11:52 Uhr
durch die 3. Luftdivision mit Boeing B-17.
Die ersten US-Bomber schwenken um 10.52 Uhr östlich von Zerbst auf ihren Zielkurs zur Innen-
stadt Berlins ein. Die Maschinen haben insgesamt über 2000 Tonnen Bomben an Bord, ganz über-
wiegend Sprengsätze – das Ziel ist nicht, einen Feuersturm in der Innenstadt zu legen, sondern
Gebäude und Verkehrsanlagen zu zerstören. Um 11.02 Uhr beginnen die bis dahin schlimmsten 50
Minuten in der Geschichte Berlins. Neben den 2000 Tonnen Sprengbomben werden über 250
Tonnen Brandbomben auf weite Teile des Nordwesten von Kreuzberg und des Bezirks Mitte abge-
worfen. Durch den an diesem Tag herrschenden starken Wind werden die Brände zusätzlich
angefacht. Mit bemühter Nüchternheit verzeichnete die Hauptluftschutzstelle die fürchterlichen
Folgen des Angriffs. Über den Bezirk Mitte hieß es in ihrem Bericht: „Fast in seiner gesamten
Ausdehnung schwer getroffen.“
Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg gelten etwa zwei Drittel der Gebäude der Breiten
Straße als wiederaufbaufähig und ein Drittel als zerstört .Dem Abriss fallen sechs denkmalgeschütz-
te, nur teilweise beschädigte oder bereits restaurierte barocke Wohnhäuser des 18. Jahrhunderts
zum Opfer. Das bekannteste war das Ermelerhaus (damals Nr. 11), dessen unter Verwendung ge-
borgener Teile errichteter Nachbau 1969 am Märkischen Ufer als Gaststätte eröffnet wird. Nach
1971 verschwindet auf der Ostseite das wegen seiner barocken Treppenanlage denkmalgeschützte
Haus Nummer 28. Dort hatte sich bis Ende 1965 die Gaststätte „Schlossklause“ befunden. Die
abgeräumte Fläche diente seit den 1970er Jahren bis Ende der 1990er Jahre als Parkplatz.
Trotzdem wird im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Breiten Straße als Anmarschweg zum
neu angelegten Demonstrationsplatz an der Stelle des beseitigten Berliner Schlosses und der Er-
richtung des Staatsratsgebäudes die westliche Straßenbebauung in den 1960er Jahren vollständig
abgetragen. Man verbreiterte die Straße nunmehr auf rund fünfzig Meter.
(Fortsetzung in Arbeit).